Safety Management nach EASA Part 21

Grundlagen zum Safety Management nach EASA Part 21

Beim Safety Management nach EASA Part 21 handelt es sich um die strukturierte Auseinandersetzung mit sicherheitsrelevanten Risiken in luftfahrttechnischen Betrieben, um Gefahren für die Lufttüchtigkeit proaktiv zu minimieren. Safety Management wird von der Grundidee getragen, Sicherheit als Führungsaufgabe zu verstehen, die gesamtbetrieblich zu verankern ist und nicht nur auf einige Personen verteilt wird. Sicherheit soll systematisch in der Leistungserbringung berücksichtigt werden und dabei alle Mitarbeiter einbeziehen.
Die anstehenden Erweiterung im Part 21 sind auf Anstrengungen der ICAO zurückzuführen, Safety Management-Strukturen auch für luftfahrttechnische Betriebe weltweit verpflichtend einzuführen. In 2013 wurde dazu der ICAO Annex 19 veröffentlicht. Aktuelle Details basieren auf deren Veröffentlichung des SMS Industry Standard SM001 Issue A vom 17. September 2018. Die EASA hat darauf mit einer Revision der Implementing Rule Initial Airworthiness reagiert und mit einem Entwurf, der sog. Notice of Proposed Amendment 2019-05 (A) und (B), kurz NPA 2019-05 (A) bzw. (B) veröffentlicht.

Das Thema Safety Management Sytem (SMS) für Herstellungs- und Entwicklungsbetriebe wird voraussichtlich Anfang 2022 in den EASA Part 21G bzw. Part 21J aufgenommen. Nähere Hinweise zur Einführung erhalten Sie über unseren Newsletter. Detailliert können Sie sich Herstellungsbetriebe im Part in den Abschnitten 21.A.3A, 21.A.139 und im zugehörigen Guidance Material bzw. den AMCs einlesen. Für Design-Organisationen sind es primär die Paragraphen 21.A.3A, 21.A.239, 21.A.243 und 21.A.245. Für die Integration in das bestehende Regelwerk hat die EASA das bestehende Qualitätsystem im Part 21G bzw. das Quality Assurance System im Part 21J um das Safety Management zum Production Management System bzw. zum Design Management System integriert.

Kennen Sie schon unsere

E-Learnings zum Safety-Management?

  • 120 Minuten (Initial)
  • Video-animierte Clips mit Vertonung
  • Alle Anforderungen der EASA NPAs
  • Je eigene E-Learnings fürEASA Part 21, Part 145 und Part CAMO
  • Automatischer Zertifikatsversand nach erfolgreichem Test
Die neue Implementing Rule lässt keinen Zweifel daran, dass das Safety Management künftig gleichberechtigt nebem dem Qualitätsmanagementsystem steht. Zugleich aber weist die EASA explizit darauf hin, dass das Safety Management System mit den anderen betrieblichen Managementsystemen wie Qualitäts-, Arbeitsschutz- und Umweltmanagementsysteme zusammengefügt werden darf. Der Gedanke dahinter ist, dass durch die Integration Doppelarbeit vermieden wird und Synergien genutzt werden. Das Safety Management nach EASA Part 21 soll sich dabei an den betrieblichen Bedürfnissen und den Produkt- bzw. Leistungsspektrum ausrichten.

Das überarbeitete EASA-Regelwerk verlangt künftig Trainings zum Safety Management und zu den Grundlagen der Human Factors auch in der Entwicklung und Herstellung und dies sowohl im eigenen Betrieb als auch bei den Zulieferern. Über unsere Präsenz- und unsere video-animierten Online-Trainings bieten wir Lösungen an.

Grundlagen Safety Management nach EASA Part 21

Die Anforderungen an die betriebliche Sicherheit sind in einem Safety Management System (SMS) umzusetzen. Bei einem solchen SMS handelt es sich um ein betrieblich formal verankertes Aufbau- und Ablaufkonzept, das die Sicherheit der in Verkehr gebrachten Produkte gewährleisten soll. Es hat zur Aufgabe, Sicherheitsrisiken zu identifizieren und diese mit Hilfe des Risikomanagements unter Kontrolle zu halten bzw. wo immer möglich zu eliminieren. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf Risiken im Hinblick auf Produktrisiken.

Um die Nachhaltigkeit des Safety Management nach EASA Part 21 im Betrieb sicherzustellen, muss ein solches System jedoch nicht nur auf Basis dokumentierter Strukturen existieren, es muss vor allem in der täglichen Praxis Anwendung finden. Entscheidend ist insofern das gelebte Verhalten aller Mitarbeiter, insbesondere auch der Führungskräfte. Dies erfordert einerseits Ausbildung und Training sowie andererseits die systematische Entwicklung einer betrieblichen Safety Kultur.

Organisatorischer Rahmen Safety Management nach EASA Part 21

Aufgaben des Managements: Das betriebliche Management eines Herstellungsbetriebs nach EASA Part 21 muss ein SMS einführen und aufrechterhalten, das den individuellen Anforderungen eines Betriebs gerecht wird. Hierzu muss das Management eines luftfahrttechnischen Betriebs:

  • Festlegung einer Safety Politik und Safety Zielen,
  • Aktive Einbindung der Unterauftragnehmern und Partnern im Rahmen des SMS,
  • Einführung eines Safety Risikomanagement Prozesses,
  • Messung der Safety Leistung,
  • Sicherstellung einer Safety-orientierten Kommunikation,
  • Schaffung einer Safety Kultur (Just Culture).

Des Weiteren sind für einen angemessenen organisatorischen Rahmen eines Safety Management nach EASA Part 21 die folgenden Bestandteile zu verankern.

Safety-Verantwortlichkeit: Um zu verhindern, dass Zuständigkeiten wechselseitig zwischen Führungskräften oder Mitarbeitern hin und her geschoben werden, ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten und Befugnisse für das Safety Management System über alle Hierarchieebenen von der Geschäftsführung bis auf die operative Ebene eindeutig festzulegen. Neu einzurichten ist die Rolle eine Safety Managers.

Dokumentation der SMS-Strukturen: Die Safety Strukturen und Vorgaben müssen gem. Part 21G 21.A.139 (e) bzw. für Part 21J 21.A.239 (e) dokumentiert werden, hierzu zählen vor allem:

  • Safety Politik und Safety Ziele,
  • Beschreibung der Safety relevanten Prozessstrukturen (oder Referenzen auf entsprechende Dokumente),
  • Beschreibung der betrieblichen Safety Aktivitäten sowie eine allgemeine Darstellung der Betriebsstätten,
  • Organigramm(e) zur Verdeutlichung der betrieblichen Safety Zuständigkeiten,
  • namentlich benannte Safety Verantwortliche und Teams einschließlich deren betrieblicher Funktion,
  • Beschreibung des internen und externen Occurrence Reportings.

Die Dokumentation des Safety Management Systems beschränkt sich jedoch nicht allein auf das SMS-Manual. Darüber hinaus müssen die Safety Anforderungen in die existierenden Prozessbeschreibungen oder Verfahrensanweisungen sowie in die betrieblichen Checklisten, Ausfüllanleitungen, Fertigungsvorgaben etc. eingearbeitet werden.

Einbindung der Unterauftragnehmer: In das neue Safety Management sind auch die Unterauftragnehmer einzubinden. Für deren Beitrag an der Wertschöpfung muss ebenfalls ein Safety Risikomanagement eingerichtet sein. Die Grundlagen sind in der Qualitätssicherungsvereinbarung zu verankern und periodisch deren Einhaltung und Aktualität zu überprüfen.

Kontinuierliches System Monitoring und KVP: Nach der Einführung muss die betriebliche Leitung das SMS in regelmäßigen Abständen im Hinblick auf dessen Leistungsfähigkeit beurteilen. Diese Aufgabe fällt einem einzurichtenden Safety Review Board zu, welches sich aus den wichtigsten Führungskräften zusammensetzt. Bei Abweichungen von der festgelegten Safety Politik oder den Safety Zielen müssen Korrekturmaßnahmen angewiesen und überwacht werden. Für die operative Umsetzung sollte hierfür eine Safety Action Group eingerichtet werden. Die Grundlagen finden sich in der EASA Implementing Rule Initial Airworthiness 21.A.139 (b) (für Part 21G) bzw. 21.A.239 (b) (für Part 21J).

Safety Management nach EASA Part21 PDCA

Operatives Safety Management nach EASA Part 21

Den Kern eines Safety Management nach EASA Part 21 bildet die Identifizierung, Bewertung und Steuerung sowie die Überwachung sicherheitsrelevanter Gefahren (siehe hierzu auch EN 9100 Kap. 8.1.1). Hierbei handelt es sich um ein produktbezogenes Safety Risikomanagement, das einen kontinuierlichen Prozess (PDCA) darstellt (Abb.). In der betrieblichen Praxis wird dieser üblicherweise halbjährlich bis jährlich neu angestoßen. Für das operative Safety Risikomanagement muss der Betrieb ein Steuerungsgremium (Safety Action Group) einrichten, das sich aus dem Führungskreis der ersten und zweiten Hierarchieebene Ebenen zusammensetzt. Im EASA Part 21G wird der Rahmen für Herstellungsbetriebe in den Abschnitten 21.A.139 (c) für die Herstellung sowie 21.A.239 (c) für die Entwicklung definiert.

Safety Risikomanagement Prozess

Gefahrenidentifizierung

Am Anfang des Risikomanagementprozesses steht die strukturierte Identifizierung, Sammlung und Sortierung „[of] any existing or potential condition that can lead to injury, illness, or death to people; damage to or loss of a system, equipment, or property; or damage to the environment.“(ICAO 2009).

Um die Identifzierung und die Strukturierung der Risiken zu erleichtern, sind vorab inhaltlich ausgerichtete Risikokategorien zu bilden. Auf dieser Basis erfolgt im Anschluss die eigentliche Inventur der sicherheitsrelevanten Gefahren im Produkt oder in den Produktionsprozessen oder in deren Umfeld.

Risikoanalyse und -bewertung

Nachdem der Betrieb alle Safety Risiken identifiziert hat, muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, der die Analyse und Bewertung dieser Gefahren zum Ziel hat.

In der betrieblichen Praxis hat es sich als hilfreich erwiesen, die Safety Risiken in einer Risiko-FMEA zu sammeln und zu ordnen und entsprechend eine Risikomatrix mit drei bis fünf Risikoclustern zu visualisieren

Risikosteuerung

Nachdem die Risiken identifiziert, analysiert und bewertet wurden, erfolgt die Bestimmung von Maßnahmen zur Risikosteuerung. Für die Risikohandhabung kommen grundsätzlich – einzeln oder im Mix – die folgenden Strategien in Frage:

  • Risikovermeidung
  • Risikoverminderung
  • Risikoüberwälzung
  • Risikoakzeptanz

Je nach ergriffenere Maßnahme sind unter Umständen weiterhin engmaschige Überwachungsmaßnahmen notwendig.

Safety- und Risikoüberwachung

Die Wirksamkeit ergriffener Steuerungsmaßnahmen müssen nach Umsetzung systematisch, ggf. engmaschig überwacht werden. Dafür müssen Kennzahlen existieren, die den Status der Zielerreichung anzeigen. Die dazu nötigen Informationen können z. B. Betriebsdaten, Befragungen oder Auditergebnisse liefern. Werden Abweichungen von den Zielen gemessen, sind Gegensteuerungsmaßnahmen zu entwickeln, anzuweisen und umzusetzen.

Die Überwachung soll dabei nicht nur auf die Entwicklung der sicherheitsrelevanten Risiken selbst ausgerichtet sein, sondern auch das eigentliche Safety Management System umschließen. Hierzu muss der Betrieb über einen dokumentierten Prozess verfügen, mit dem die Wirksamkeit des SMS kontrolliert und dessen kontinuierliche Verbesserung sowie die Einhaltung der behördlichen Safety Vorgaben sichergestellt wird (Compliance Monitoring).

Förderung des Safety-Wissens und der Safety Kultur

Allein die Formulierung betrieblicher Safety Ziele sowie eine entsprechende Ausrichtung der Organisationsstrukturen sind für den nachhaltigen Erfolg eines Safety Management nach EASA Part 21 nicht ausreichend. Der Safety Gedanke muss in den Köpfen der Mitarbeiter verankert werden.

Um die Sicherheitsanforderungen und die Sicherheitskultur in angemessener Weise in den Betrieb zu tragen, müssen die eigenen Mitarbeiter daher unter Safety Aspekten qualifiziert werden. Hierzu an die EASA neue Trainingsanforderungen definiert. So muss jeder Mitarbeiter ein Safety Training durchlaufen haben und mit den Grundlagen der Human Factors vertraut gemacht werden..

Zudem ist es wichtig, dass der Betrieb über wirkungsvolle Kommunikationsstrukturen verfügt, die nicht nur der Safety Zielerreichung dienen, sondern auch dabei unterstützen, eine betriebliche Safety Kultur zu entwickeln. Dies kann zum Beispiel gelingen, indem Safety relevante Themen in Teammeetings, Rundmails oder Mitarbeiterzeitungen behandelt werden.

Safety_Management_Nach_EASA_Part21_Risikomatrix_amc